Worauf ALG-II-Empfänger jetzt unbedingt achten müssen.

Die neuesten Hartz Urteile
Tipps vom Rechtsexperten Wolfgang Büser

Mehr als 100 Mal hat das Bundessozialgericht, höchste Instanz auch in Sachen Hartz IV, bereits zum Arbeitslosengeld II (ALG II) zu entscheiden gehabt. Hier die neun aktuellsten Urteile, zusammengestellt vom bekannten Rechtsexperten Wolfgang Büser.

Mehrbedarfszuschlag: Wechseln sich – getrennt lebende – Eltern in der Betreuung ihres gemeinsamen Kindes wochenweise ab, so steht der ALG II beziehenden Mutter der halbe Mehrbedarfszuschlag (hier: 63 Euro monatlich) zu. Die Agentur für Arbeit kann nicht argumentieren, sie dürfe nichts zahlen, da es einen “halben Mehrbedarf” nicht gäbe (Az.: B 4 AS 50/07 R).

Krankengeld: Wird einem ALG-II-Bezieher von seiner Krankenkasse im April Krankengeld für den Monat März nachgezahlt, so zählt es im April als Einkommen. Die Folge: Das ALG II entfällt in entsprechendem Umfang (Az.: B 4 AS 70/07 R). Tipp: Bei der Krankenkasse darauf drängen, dass in solchen Fällen das Krankengeld früher angewiesen wird.

Erbschaft: Erbt eine Bezieherin von ALG II zusammen mit ihrer Schwester ein Haus, so darf die Arbeitsagentur die weiteren Zahlungen nicht als Darlehen gewähren, um gegebenenfalls aus dem späteren Hausverkauf die Erstattung beantragen zu können. Sie muss prüfen, ob das Anwesen überhaupt verkauft werden kann, weil es ja zur Hälfte auch der Schwester gehört (Az.: B 14 AS 52/07 R).

Kabelfernsehen: Gehört ein Kabelanschluss zur Mietwohnung, so muss die Arbeitsagentur die Kosten dafür (als Betriebs-Nebenkosten, die der Vermieter abrechnet) übernehmen. Verfügt das Haus jedoch über eine Gemeinschaftsantenne, so hat ein Hartz-IV-Bezieher keinen Anspruch darauf, zusätzlich den Aufwand für einen Kabelanschluss finanziert zu bekommen (Az.: B 4 AS 48/08 R).

Abfindung: Auch wenn ein Arbeitgeber eine Abfindung erst Monate nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zahlt, zählt es in diesem Zeitpunkt als Einkommen – und ist auf das ALG II anzurechnen (Az.: B 4 AS 47/08 R). Tipp: Auf schnellere Auszahlung drängen – geht das Geld vor Beginn der Arbeitslosigkeit ein, so zählt es als “Vermögen”, und dafür zählen Freibeträge.

Renovierung: Zieht eine arbeitslose Frau, die AlG II bezieht, auf Anraten der Arbeitsagentur in eine preiswertere Wohnung um, so sind ihr die Kosten zu erstatten, die sie für die Renovierung aufgewandt hat (Az.: B 4 AS 49/07 R).

Ehegatteneinkommen: Arbeitslose Hartz-IV-Bezieher müssen es hinnehmen, dass auf ihren ALG-II-Anspruch das Einkommen des Ehepartners angerechnet wird. Wäre es anders, so das Bundessozialgericht, dann könnte eine arbeitslose Frau, die mit einem hoch verdienenden Mann verheiratet ist, durch ALG II aus Steuermitteln zu finanzieren sein (Az.: B 14/7b AS 14/07 R).

1-Euro-Job: Auch Arbeitslose, die bisher hoch bezahlte Jobs ausgeübt haben, müssen es hinnehmen, in 1-Euro-Jobs vermittelt zu werden. Hier ging es um einen Ingenieur, der für 1,30 Euro die Stunde “gemeinnützig tätig” war und argumentierte, für die Arbeitsuche kaum noch Zeit zu haben. Denn er war für 30 Wochenstunden eingeteilt. Das “Maß des Zulässigen” sei damit nicht überschritten worden, so das Bundessozialgericht (Az.: B 4 AS 60/07 R).

Klassenfahrt: Die Agenturen für Arbeit haben arbeitslosen Eltern, deren Kinder an Klassenfahrten teilnehmen, auch die Kosten für eine 2-Tages-Tour zu ersetzen. Höchstbeträge dürfen dafür nicht vorgesehen sein (Az.: B 14 AS 36/07 R).

Berliner Kurier, 01.04.2009

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