Keine pauschale ALG-II-Kürzung bei Zusammenleben mit Verwandten

(PR-inside.com 23.04.2009)Urteil des Bundessozialgerichts

Kassel (AP) Wenn Hartz-IV-Empfänger mit erwachsenen Verwandten zusammen wohnen, darf das Jobcenter nicht automatisch von einem gemeinsamen Wirtschaften ausgehen und das Arbeitslosengeld II kürzen. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 27. Januar entschieden. Erst wenn das Jobcenter eine sogenannte Haushaltsgemeinschaft formal feststellt, könne das ALG II reduziert werden. In dem entschiedenen Fall ging es um einen Mann, der mit seinem heute 74 Jahre alten Vater in einem Haus im Raum Kempten zusammen wohnt. Er hatte mit ihm einen Mietvertrag abgeschlossen. Einkauf und die Zubereitung des Essens regelte jeder selbst, ebenso die Reinigung der Wäsche. Dennoch wertete die Arbeitsgemeinschaft Kempten das Zusammenleben mit dem Vater als Haushaltsgemeinschaft. Sie unterstellte, dass der Vater dem Sohn einen fiktiven Unterhalt in Höhe von knapp 180 Euro gewährte. Schließlich kürzte sie das ALG II des Arbeitslosen um 118,76 Euro. Zu Unrecht, befand der 14. Senat des BSG. Eine Haushaltsgemeinschaft liege erst dann vor, wenn aus einem Topf gewirtschaftet werde. Dies sei hier aber nicht der Fall. Die Arbeitsgemeinschaft müsse zudem beweisen, ob eine Haushaltsgemeinschaft vorliege. Auch der in Wohngemeinschaften häufig anzutreffende gemeinsame Einkauf von Grundnahrungsmitteln und Sanitärartikeln aus einer Gemeinschaftskasse begründe noch keine Wirtschaftsgemeinschaft, erklärte der 14. Senat. Der arbeitslose Kläger hatte in erster Instanz vor dem Sozialgericht Augsburg nicht Recht bekommen, aber das bayerische Landessozialgericht hatte zu seinen Gunsten entschieden. (Aktenzeichen: Bundessozialgericht B 14 AS 6/08 R)

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