Arbeiten? Ja, bitte!

Berlin. Fast alle Hartz-IV-Empfänger bemühen sich ernsthaft um Arbeit. Zu diesem Ergebnis kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer noch unveröffentlichten Studie, die der Frankfurter Rundschau vorliegt. Von den Langzeitarbeitslosen unter 56 Jahre stünden 90 Prozent für eine Beschäftigung zur Verfügung.

“Das Problem ist nicht die Arbeitsmoral”, fassen die Ökonomen ihre Hartz-IV-Bilanz zusammen. Nur bei den Älteren sinke die Bereitschaft dramatisch, offenbar weil sie keine berufliche Perspektive mehr für sich sehen. Von den 56-Jährigenund Älteren erklärten 42 Prozent, keine Stelle mehr antreten zu wollen. Die Hartz-Reformen hätten anders als von der Politik erhofft nicht zu einer höheren Arbeitsbereitschaft geführt, stellt das DIW fest. Dies liege daran, dass die Motivation schon vor der Reform “offenkundig kaum steigerungsfähig” gewesen sei. Dies gelte insbesondere für die neuen Bundesländer, wo noch weniger Erwerbslose auf einen Job verzichten würden als im Westen. Die Daten beruhen auf Auswertungen einer repräsentativen Wiederholungsbefragung von über 12.000 Privathaushalten.

Kurz vor dem für Dienstag erwarteten Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Höhe der Hartz-IV-Sätze plädierte der Wirtschaftsweise Wolfgang Franz für eine Kürzung der Regelsätze für Langzeitarbeitslose um 30 Prozent. Um Arbeit attraktiver zu machen, sollten Hartz-IV-Empfänger im Gegenzug mehr hinzuverdienen dürfen, sagte der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung und Vorsitzende des Sachverständigenrats dem Magazin Wirtschaftswoche.

“Im jetzigen System sind die Arbeitsanreize für Transferempfänger unzureichend”, sagte Franz. “Denn wer sich etwas hinzuverdient, darf davon nur 20 Prozent behalten, abgesehen von einem Freibetrag von 100 Euro.” Der Sachverständigenrat schlage stattdessen vor, dass Empfänger des Arbeitslosengelds II die Hälfte ihres Zuverdienstes behalten könnten – allerdings erst ab 200 Euro. Der Hartz-IV-Regelsatz für Erwachsene liegt derzeit bei 359 Euro pro Monat. (mit rtr) (Von Markus Sievers, FR 08.02.2010)

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