Kein Geld mehr für Bier und Kippen?

Koalition erwägt Kürzung der ALG-II-Regelsätze – Wohlfahrtsverband: „Zynisch, die paar Euro zu streichen“
Berlin. Erhalten Hartz-IV-Empfänger künftig kein Geld mehr für Tabak und Alkohol? In
der schwarz-gelben Koalition gibt es Überlegungen, bei der bevorstehenden Überarbeitung der Regelsätze beim Arbeitslosengeld II Ausgaben für Zigaretten und Alkohol nicht mehr zu berücksichtigen. Koalitionskreise bestätigten gestern gegenüber der PNP entsprechende Gedankenspiele.
Bisher sind nach Berechnungen des Paritätischen Gesamtverbandes im Hartz-IV-Satz
von 359 Euro monatlich 11,58 Euro für Tabakwaren vorgesehen. 7,52 Euro werden für
alkoholische Getränke veranschlagt.
Gehören Alkohol und Zigaretten nicht zum Grundbedarf? FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger hatte die Debatte losgetreten. Die liberale Politikerin warf in einem Interview die Frage auf, „ob alles, was derzeit zum Grundbedarf gehört, tatsächlich Grundbedarf ist“.
„Die Koalition lässt jeglichen Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht vermissen“, sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, gestern der PNP. Die Richter hätten der Politik den Auftrag gegeben zu klären, „was ein Mensch braucht, und nicht zuerst, was er nicht braucht“. Wenn Politiker, die sich immer ein gutes Glas Wein leisten könnten, Hartz-IV-Empfängern „die paar Euro für ihr Bier“ streichen wollten, sei das „zynisch“.
Im Bundesarbeitsministerium will man das Thema nicht kommentieren. Im Ressort von Ursula von der Leyen (CDU) laufen die Vorbereitungen für die bevorstehende Hartz-IV-Reform bereits auf Hochtouren. In der Öffentlichkeit ging es dabei zuletzt vor allem um die geplante Bildungschipkarte für die Kinder Langzeitarbeitsloser. Ebenso spannend dürfte die Entscheidung werden, ob es eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze geben wird. Insbesondere die FDP pocht darauf, dass unterm Strich nicht mehr Geld für Langzeitarbeitslose ausgegeben wird. Dabei soll die Höhe des Arbeitslosengeldes II nach dem Willen der Liberalen künftig an die Inflationsentwicklung gekoppelt werden.
Am 20. Oktober soll das Bundeskabinett entscheiden, bereits zu Jahresbeginn soll die Hartz-IV-Reform in Kraft treten. (Rasmus Buchsteiner, Passauer Neue Presse, 3.9.2010)

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