Hartz-Reform beschlossen

Teil 1: Die Änderungen im Überblick

Berlin. Mehr als acht Wochen haben Bund und Länder über die Hartz-Reform gestritten. Nach vielen Tag- und Nachtsitzungen sowie der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat am Freitag (25. Februar) ist Folgendes herausgekommen:

Die monatliche Unterstützung für 4,7 Millionen Langzeitarbeitslose samt Partnern steigt rückwirkend zum 1. Januar 2011 um 5 auf 364 Euro. Der Nachschlag von 15 Euro und der erhöhte Satz kommen Anfang April. Am 1. Januar 2012 gibt es noch mal mindestens 3 Euro mehr. Die Sätze für Kinder und Jugendliche aus Hartz-IV-Familien bleiben unverändert: Für unter Sechsjährige gibt es 215 Euro im Monat, für 6- bis 13-Jährige 251 Euro und für 14- bis 18-Jährige 287 Euro.

Rund 2,5 Millionen bedürftige Kinder aus Hartz-IV-Familien, von Geringverdienern und Wohngeldempfängern erhalten Bildungshilfen. Dies ist deutlich mehr als von der Bundesregierung zunächst geplant. Sie haben Anspruch auf ein warmes Mittagessen in Schule oder Kita. Allerdings müssen die Eltern einen Euro dazugeben. Für eintägige Klassenfahrten oder Wandertage gibt es pro Schuljahr 30 Euro Zuschuss. Zehn Euro im Monat stehen für Mitgliedschaften in Sportvereinen zur Verfügung. Bei Bedarf bekommen die Kinder auch Nachhilfeunterricht bezahlt. Wie bisher gibt es 100 Euro pro Schuljahr für Schulsachen. Die Leistungen aus dem Bildungspaket können ab sofort in Anspruch genommen werden.

Die Kommunen bekommen für das Bildungspaket vom Bund rund 1,6 Milliarden Euro pro Jahr – zuletzt wurden dazu noch jeweils 400 Millionen befristet bis Ende 2013 draufgepackt. Angestrebt wird, dass die Kommunen damit auch rund 3000 Schulsozialarbeiter bezahlen. Städte und Gemeinden werden zudem schrittweise vom Bund von den Sozialausgaben für arme Rentner (“Grundsicherung im Alter”) entlastet. Das sind etwa vier Milliarden Euro von 2014 an – mit steigender Tendenz.

Für weitere 1,2 Millionen Arbeitnehmer gibt es künftig einen verbindlichen Mindestlohn. Darunter sind 900 000 Leih- und Zeitarbeiter. Die Lohnuntergrenze soll sowohl für Verleihzeiten wie für Wartezeiten gelten. Im Westen beträgt der tariflich vereinbarte Mindestlohn für die Zeitarbeit vom 1. Mai an 7,79 Euro, im Osten 6,89 Euro. Einen verbindlichen Mindestlohn gibt es künftig auch für die Wach- und Sicherheitsdienste sowie für die Beschäftigten der Aus- und Weiterbildung. Kein Arbeitgeber in diesen Branchen darf seine Beschäftigten dann schlechter bezahlen. Dies soll auch für Firmen aus den neuen osteuropäischen EU-Beitrittsstaaten gelten, die vom 1. Mai an auch in Deutschland tätig werden dürfen. (dpa, 26.02.2011)

hier finden Sie eine ausführliche Zusammenstellung vom Paritätischen Wohlfahrsverband.

Teil 2: Die Änderungen im Überblick bereits seit 1.1.2011 in Kraft

Auch wenn das “Gesetz zur Entwicklung von Hartz IV-Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch” vorerst vom Bundesrat gestoppt wurde, gibt es diverse Änderungen, die in anderen Gesetzen enthalten sind und am 01 Januar 2011 in Kraft treten werden. Nachfolgend eine Auflistung dieser Änderungen.,

Aus ARGE und Optionskommune wird Jobcenter
Der Leistungsträger des SGB II heißt ab ersten Januar 2011 „Jobcenter“, egal ob es sich um eine Kooperative aus Arbeitsamt und Kommune handelt, oder eine eigenständig für alle Leistungen des SGB II zuständige Kommune (sog. Optionskommune). Nur wenn eine getrennte Trägerschaft zwischen Arbeitsamt und Kommune besteht, wird diese Bezeichnung nicht verwendet.

Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung wird übernommen
Ab Jahreswechsel 2011 wird der Zusatzbeitrag in Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitrages direkt vom Bund in den Gesundheitsfond gezahlt und daraus an die entsprechenden Krankenkassen weitergeleitet. Wenn der von der Krankenkasse tatsächlich erhobene Zusatzbeitrag höher ist als der Durchschnittliche, muss der Versicherte die Differenz zwischen dem durchschnittlichen und tatsächlich erhobenen Zusatzbeitrag selbst an seine Krankenkasse zahlen. Über den durchschnittlichen Zusatzbeitrag hinaus wird nichts übernommen.

Gestrichen: befristeter Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld I
Dieser Zuschlag wird ab Jahresbeginn 2011 ersatzlos entfallen. Das betrifft auch diejenigen, welche diesen Zuschlag derzeit beziehen, denn es gibt keinen Bestandsschutz und auch keine Übergangsregelung.

Gestrichen: Rentenversicherungspflicht und -beiträge
Die Bundesagentur für Arbeit zahlt ab ersten Januar 2011 für ALG II-Bezieher keine Pflichtbeiträge oder Zuschüsse mehr zur Rentenversicherung. Der ALG II-Bezug löst keine Versicherungspflicht in der staatlichen Rentenversicherung mehr aus, zählt jedoch als Anwartschaftszeit.

Das hat u.a. zur Folge, dass durch den ALG II-Bezug keine Ansprüche mehr auf Leistungen begründet werden, welche die Erfüllung einer Vorversicherungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung voraussetzen (z.B. Reha, Erwerbsminderungsrente). Bereits bestehende Ansprüche bleiben durch die Anerkennung als Anwartschaftszeit aber erhalten.

Gestrichen: Freibetrag für Elterngeld (bei arbeitslosen ALG II-Beziehern)
Bei ALG II-Beziehern, deren Elterngeld sich anhand ihres vor der Geburt erzielten Erwerbseinkommens bemisst, bleibt Elterngeld i.H. des zur Berechnung des Elterngeldes herangezogenen Erwerbseinkommens (67% desselben) anrechenfrei, max. i.H.v. 300 Euro (bei Verlängerungsoption i.H.v. 150 Euro) je Monat. Was darüber liegt, wird als sonstiges Einkommen beim ALG II angerechnet. Bei allen anderen (arbeitslosen) ALG II-Beziehern wird Elterngeld als sonstiges Einkommen voll auf ihr ALG II angerechnet.

Sofern es sich beim angerechneten Elterngeld um das einzige Einkommen des Elterngeldbeziehers handelt, können davon u.a. der Freibetrag für priv. Versicherungen i.H.v. 30 Euro, Pflichtbeiträge wie KFZ-Haftpflicht und der Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung abgesetzt werden. (fm, gegen-hartz.de, 20.12.2010)

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