Gericht verbietet Sportwetten für Hartz-IV-Empfänger

Hartz-IV-Empfänger dürfen in Nordrhein-Westfalen ab sofort keine Sportwetten mehr abschließen. Laut Landgericht Köln gehört Glücksspiel nicht zur Grundsicherung.

Wetten auf den Bundesliga-Krisengipfel Bayern gegen HSV am kommenden Samstag? Wer in Nordrhein-Westfalen lebt und Hartz-IV-Empfänger ist, kann dabei ab sofort nicht mehr mitmachen. Das Landgericht Köln hat eine entsprechende einstweilige Verfügung gegen Westlotto, den Betreiber des staatlichen Sportwettenanbieters Oddset, verhängt. Sie liegt “Welt Online” vor.

Dem Beschluss der Kölner Richter folgend droht Westlotto ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro, sollte eine Annahmestelle einen Sportwetten-Schein von einem Hartz-IV-Empfänger annehmen. In der Begründung heißt es, dass die Lottoläden keine Geschäfte mit Personen mehr tätigen dürfen, von denen bekannt ist, „dass sie Spieleinsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen stehen, insbesondere Hartz-IV-Empfänger“.

Der erfolgreiche Kläger ist ein privater Sportwettenanbieter. Hintergrund ist der erbitterte Streit zwischen Bundesländern und privaten Sportwettenanbietern. 2008 trat in Deutschland ein neuer Glücksspielstaatsvertrag in Kraft, der ein Monopol der Länder auf Lotto und Sportwetten etablierte. Seither sind die privaten Anbieter in die Illegalität abgerutscht.

Der Haken am Monopol: Die Länder begründen es mit der Prävention von Spielsucht. Nur der Staat habe die Möglichkeit, die Bürger vor Verschuldung und Gesundheitsfolgen zu bewahren. Nach Meinung der privaten Anbieter kommt der Staat dieser Pflicht an vielen Stellen aber gar nicht nach. Und das sieht auch immer öfter die Justiz so.

Wie beim Beispiel Hartz-IV-Empfänger. Die Regelsätze der neuen Gesetzgebung sehen nur Geld für die Grundsicherung vor – Alkohol, Tabak oder Glücksspiel gehören nicht dazu. Im Staatsvertrag haben sich die Länder aber dazu verpflichtet, „die Spieler zu verantwortungsbewusstem Spiel anzuhalten“. Das passt nach Meinung der Kölner Richter nicht zusammen.

Die Ministerpräsidenten treffen sich am heutigen Donnerstag in Berlin, um über einen neuen Staatsvertrag zu beraten, denn dieser läuft ohnehin Ende 2011 aus. Angesichts der Richtersprüche aus Köln und Luxemburg muss sich die Politik schleunigst etwas Neues einfallen lassen.

In der Münsteraner Lotto-Zentrale hat man sich schockiert gezeigt: „Wir werden diese Entscheidung des Gerichts selbstverständlich akzeptieren, streben aber eine schnelle Klärung in einem Hauptverfahren an“, zitiert die “Westdeutsche Zeitung” Lotto-Sprecher Axel Weber. Wie das vom Gericht verhängte Spielverbot für Langzeitarbeitslose bis dahin allerdings in der Praxis überprüft werden soll, ist unklar. „Ich kann doch niemandem ansehen, ob er Hartz-IV-Empfänger ist“, sagte Weber. „Und wir können ja auch kaum zu unseren Kunden sagen, zeigen Sie uns mal bitte Ihren Hartz-IV-Bescheid, dann dürfen Sie nicht spielen.“(welt-online, 10.03,2011)

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