Auch nach dem tödlichen Schuss soll es keine verschärften Zugangskontrollen geben
Nach dem tödlichen Schuss auf eine Klientin des Jobcenters am 19. Mai hat die Einrichtung Drohmails bekommen. In den Nachrichten kündigten Kunden an, „der Vorfall werde sich wiederholen, wenn sie eine Leistung nicht erhalten”, sagte die Geschäftsführerin des Jobcenter Frankfurt, Claudia Czernohorsky-Grüneberg, am Mittwoch. Wegen der Nachrichten habe sie die Polizei eingeschaltet.
Am 19. Mai hatte eine Polizistin im Jobcenter an der Mainzer Landstraße eine 39 Jahre alte Frau erschossen. Die Kundin der Einrichtung hatte zuvor einen Polizisten mit einem Messer angegriffen. Der Beamte und seine Kollegin waren gerufen worden, weil sich die Frau geweigert hatte, das Büro eines Sachbearbeiters zu verlassen. Dort hatte sie zehn Büro in bar verlangt, aber nicht bekommen, weil ihr das Geld bereits überwiesen worden war.
Um über Konsequenzen aus dem Vorfall zu berichten, hatte die Bundesagentur für Arbeit und das städtische Sozialdezernat am Mittwoch die Presse eingeladen. Allzu konkret wurden die Beteiligten nicht. Das Sicherheitskonzept des Jobcenter werde noch einmal auf den Prüfstand gestellt, sagte Czernohorsky-Grüneberg. Die Polizei werde sich die Einrichtungen der Agentur für Arbeit ansehen. Dabei dürfte es in erster Linie um Fluchtwege gehen.
Zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen wie etwa Metalldetektoren an den Eingängen wird es in den Jobcentern vermutlich nicht geben. Zwar seien auch derartige Schleusen, wie es sie etwa in den Gerichtsgebäuden gibt, noch in der Diskussion, sagte Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld. Die CDU-Politikerin machte aber deutlich, dass sie von derartigen Vorrichtungen nicht viel hält.
„Wir müssen uns fragen, welchen Charakter die Sozialverwaltung haben soll”, sagte Birkenfeld. Die Mitarbeiter der Jobcenter wollten ihre Kunden „mit Respekt behandeln” und sie nicht als Sicherheitsrisiko ansehen, ergänzte Karl-Heinz Huth, Chef der Agentur für Arbeit in Frankfurt.
Auch die Idee, Schließfächer am Eingang anzubringen, in denen die Kunden ihre Taschen deponieren sollen, sehen die Experten eher skeptisch. So sei es schwer, von einem Obdachlosen zu verlangen, sein „ganzes Hab und Gut” in einem Schließfach unterzubringen. Zumal solche Fächer die Tragödie im Jobcenter an der Mainzer Landstraße nicht verhindert hätten: Die Angreiferin trug das Messer am Körper
Die Leitung verwahrt sich gegen Vorwürfe von Erwerbsloseninitiativen
Die Aufarbeitung des Vorfalls am 19. Mai ist seitens des Jobcenters weitgehend abgeschlossen. „In der Situation hätten die Mitarbeiter nichts anders oder besser machen können”, sagte Huth: „Was passiert ist, war ein tragisches Unglück.” So weit ist man bei Polizei und Staatsanwaltschaft mit der Bewertung noch nicht. Die Ermittlungen, ob die Polizistin bei ihrem Schuss auf die Frau in Notwehr handelte, laufen noch.
Der Sachbearbeiter, von dem die Kundin das Geld verlangte, hatte wie fast alle der 700 Jobcenter-Mitarbeiter in Frankfurt in den vergangenen Jahren ein Deeskalationstraining absolviert. Derartige Weiterbildungen biete die Einrichtung seit 2005 an, sagte Claudia Czernohorsky-Grüneberg. Zwar habe es in den Einrichtungen der Sozialverwaltung auch zuvor schon Übergriffe gegeben, „aber die Qualität hat sich zuletzt deutlich verändert”. Früher hätten aggressive Kunden im schlimmsten Fall eine Bürotür eingetreten, mittlerweile würden Mitarbeiter auch am Schreibtisch angegriffen. Die Zahl der gewalttätigen Übergriffe in den vergangenen Jahren konnte Czernohorsky-Grüneberg nicht nennen.
Die Leiterin des Jobcenter verwahrte sich gegen Vorwürfe von Erwerbsloseninitiativen, der Umgang der Mitarbeiter mit Kunden sei schlecht und provoziere Aggressionen. „Wir sind nicht unfehlbar”, sagte Czernohorsky-Grüneberg. Die allermeisten Kunden fühlten sich einer Umfrage zufolge aber gut behandelt. (Georg Leppert, FR, 09.06.11)