Immer mehr Menschen müssen gleich nach dem Jobverlust Hartz IV beantragen.
Nach den Angaben der Bundesagentur für Arbeit rutscht jeder Vierte nach dem Jobverlust sofort in den Hartz-IV-Bezug, der eigentlich nur für Langzeitarbeitslose gedacht ist.
Bedenkliche Entwicklung: Immer mehr Menschen, die ihren Job verlieren, sind danach sofort auf Hartz IV angewiesen. Wie die »Süddeutsche Zeitung« (SZ) am Donnerstag unter Berufung auf die Bundesagentur für Arbeit (BA) meldete, erhalte inzwischen jeder Vierte nur noch Arbeitslosengeld (ALG) II, umgangssprachlich auch Hartz IV genannt. Das große Problem: ALG II fällt deutlich geringer aus als das Arbeitslosengeld I, das sich nach dem zuvor verdienten Gehalt bemisst und eigentlich eine Versicherungsleistung ist.
Bei der Bundesagentur für Arbeit macht man vor allem zwei Gründe für den schnellen Absturz verantwortlich: »Entweder war die Beschäftigungszeit zu kurz, um Ansprüche zu erwerben, oder das früher erzielte Lohneinkommen war zu niedrig, um mit dem daraus abgeleiteten Arbeitslosengeldanspruch den Bedarf zu decken, und muss mit Arbeitslosengeld II aufgestockt werden«, heißt es in der BA-Analyse, aus der die »SZ« zitierte. Die Analyse vom November 2011 bezog sich auf die vergangenen zwölf Monate. In diesem Zeitraum meldeten sich 2,8 Millionen Menschen nach Verlust ihres Arbeitsplatzes als erwerbslos. Von ihnen waren 737 000 sofort auf Hartz IV angewiesen. Das waren im Monatsschnitt 61 000. Im November 2008 seien es hingegen nur 51 000 gewesen, so die BA. Insbesondere trifft es gering Qualifizierte: Fast jeder Zweite musste sofort Leistungen der staatlichen Grundsicherung beantragen. Auch Leiharbeiter finden sich nach der Entlassung häufig im ALG-II-Bezug wieder.
Wie groß die finanziellen Unterschiede sind, zeigt ein Vergleich von ALG I und ALG II. So beträgt das Arbeitslosengeld I etwa 812 Euro im Monat. Ein alleinstehender Hartz-IV-Bezieher erhält hingegen 364 Euro plus Geld für eine »angemessene« Miete. Einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I besitzt nur, wer innerhalb der letzten zwei Jahre vor Verlust seines Jobs mindestens ein Jahr in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat. Doch das ALG I ist auf zwölf Monate befristet. Wer dann noch keinen neue Beschäftigung gefunden hat, wird auf Hartz-IV-Diät gesetzt.
Das Bundesarbeitsministerium wiegelte am Donnerstag ab. Die Zahl derer, die direkt ins ALG II rutschten, erkläre sich aus dem häufigen Wechsel zwischen kurzfristigen Beschäftigungen und Hartz IV. (Neues Deutschland, Fabian Lambeck, 30.12.2011)