Von news.de-Redakteurin Mandy Hannemann (20.04.2009)
Bei einem Hartz-IV-Empfänger ist nichts zu holen. Darauf müssen sich auch Gläubiger einstellen, die offene Schulden per Gerichsvollzieher eintreiben lassen wollen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Schuldner einem Ein-Euro-Job nachgehen.
Wie das Landgericht Dresden entschied, handelt es sich bei dem Geld, dass ein Hartz-IV-Empfänger aus einem Ein-Euro-Job zustehe, nicht um einen «echten Verdienst» (Az. 3 T 233/08). Der Lohn aus der Beschäftigung reiche nur, um Mehrkosten auszugleichen. Damit kann ein Gerichtsvollzieher nicht mit seinem berühmten Pfandsiegel – dem Kuckuck – zuschlagen und den Lohn pfänden.
Im Fall, über den die Richter zu entscheiden hatten, ging es um einen Schuldner, der Arbeitslosengeld II (ALG II) bezog und als Ein-Euro-Jobber beschäftigt war. Ein Gläubiger war der Überzeugung, dass es sich bei dem daraus bezogenen Entgelt um Arbeitslohn handele. Den wollte er pfänden lassen. Doch das Amtsgericht Dresden hatte sich geweigert, die Forderung umzusetzen, woraufhin der Gläubiger Beschwerde einlegte.
In einem früheren Urteil fiel die Rechtsprechung anders aus. So hat das Landgericht Görlitz entschieden, dass die Mehraufwandspauschale durchaus für die Pfändung herangezogen werden kann (Az. 2 T 282/05). Die Richter hatten erklärt, die Mehraufwendung solle lediglich dazu anreizen einen Ein-Euro-Job anzunehmen. Das Arbeitslosengeld II bleibe von Pfändungen jedoch ausgenommen.
Aufatmen können ALG-II-Bezieher, wenn sie einen Job verweigern, der mit einem Dumpinglohn bezahlt wird. Das entschied das Sozialgericht Dortmund (Az. S 31 AS 317/07). In dem betreffenden Fall war einer Frau aus Bochum das Arbeitslosengeld II für drei Monate um monatlich 104 Euro (30 Prozent) gekürzt worden. Sie wollte nicht bei einem Textildiscounter arbeiten, der ihr brutto pro Stunde nur 4,50 Euro bezahlt hätte.
Die Kürzung war aufgehoben worden, weil ein Stundenlohn von 4,50 Euro bei einem Tariflohn von 9,82 Euro sittenwidriger Lohnwucher sei. Das Gericht erklärte, Arbeitslosen solche Jobs unter Androhung von Sanktionen aufzuzwingen, würde bedeuten, Lohndumping behördlich zu unterstützen.
Das ursprüngliche Ziel, nämlich mit der Hartz-IV-Reform Sozialkosten einzusparen, lässt sich bisher kaum realisieren. Seit der Einführung im Jahr 2005 nehmen 18 Prozent aller bis 65-Jährigen jährlich mindestens einen Monat lang die Sozialleistungen in Anspruch. Von den im Dezember 2007 Bedürftigen waren sogar 78 Prozent bereits zwölf Monate lang Bezieher von Hartz-IV-Leistungen. Dies ergab eine Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.