Berlin. Die Forderung der Bundesagentur für Arbeit (BA) nach einer Wohn-Pauschale für Hartz-IV-Empfänger hat eine kontroverse Debatte ausgelöst. Bei Gewerkschaften, Sozial- und Mieterverbänden stießen die Überlegungen auf massive Proteste, in der Koalition dagegen auf Wohlwollen.
“Ich begrüße die Zustimmung von BA-Vize Heinrich Alt zum FDP-Vorschlag”, sagte FDP-Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel der Frankfurter Rundschau. Die Pauschalierung der Wohn- und Heizkosten für Hartz-IV-Empfänger stärke deren Eigenverantwortung und die Rechtssicherheit für alle Beteiligten. “Ein pauschaler Festbetrag, der natürlich regionale Unterschiede berücksichtigen muss, würde auch den bürokratischen Aufwand deutlich verringern”, so Vogel.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte zu, die Idee zu prüfen. Der Gedanke werde in die Beratungen über die Neugestaltung der Hartz-IV-Sätze einbezogen, sagte eine Sprecherin. Dies entspricht den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag.
BA-Vize Alt hatte sich in der Rheinischen Post dafür ausgesprochen, die “Wohn- und Heizkostenerstattung in eine Wohn-Pauschale umzuwandeln”. Damit steige der Anreiz für Hartz IV-Empfänger, sich eine günstige Unterkunft zu suchen. Entsprechend könne bei den Sozialausgaben gespart werden. Bisher legten es viele Hartz-IV-Bezieher darauf an, den gesetzlichen Leistungsrahmen voll auszureizen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte die Überlegung als unsozial. Eine solche Pauschalierung wäre ein “Einfallstor für Kürzungen des Regelsatzes unter das gesellschaftliche Existenzminimum”, warnte DGB-Vorstand Annelie Buntenbach.
Nichts spreche dafür, dass die Pauschalen höher wären als die heutigen Sätze. Doch schon die derzeitige Regelung führe dazu, dass die Betroffenen einen Teil ihrer Wohnkosten aus den Regelsätzen bestreiten müssten, mit den sie eigentlich ihren sonstigen Lebensunterhalt finanzieren sollten. Auch der Deutsche Mieterbund fürchtet Leistungskürzungen. Der Staat spare dann auf dem Rücken der sozial Schwächsten, meinte Direktor Lukas Siebenkotten. Der Status quo sichere ein menschenwürdiges Wohnen. Hier gebe es keine Einsparmöglichkeiten. Zudem fehlten in vielen Regionen preiswerte Angebote. Häufig müssten für Wohnungen mit nieriger Grundmiete wegen des schlechten Zustandes hohe Nebenkosten gezahlt werden.
Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen warnte vor negativen Auswirkungen auf die Städte: Zahlreiche Menschen wären gezwungen, sich noch billigere Wohnungen zu suchen. (Von Markus Sievers, FR, 25.03.2010)