Vielerorts erhalten derzeit Antragsteller noch immer keine Leistungen für Bildung und Teilhabe, weil ihre Jobcenter die dafür erforderlichen Verwaltungsstrukturen nicht schaffen (wollen?).
In den letzten Tagen erreichen uns immer wieder Mitteilungen, wonach die Jobcenter mit der Aufgabe, die Leistungen für Bildung und Teilhabe zu bearbeiten und auszuzahlen, vermeintlich vollkommen überfordert sind. Wir wollen das mal stellvertretend am Beispiel eines Jobcenter in Thüringen aufzeigen, dem Jobcenter Unstrut-Hainich.
Kosten für Schulausflüge und mehrtägige Klassenfahrten können Hilfebedürftige derzeit vom ihrem Jobcenter ebenfalls nicht bekommen. Begründet wir dies vom Jobcenter selbst einerseits damit, dass ihm die dafür erforderlichen Verwaltungsstrukturen fehlen. Als weitere Begründung behauptet das Jobcenter sogar, es sei derzeit für die Leistungen nach § 28 SGB II noch gar nicht zuständig und müsse diese Zuständigkeit erst noch übertragen bekommen. Da fragen wir uns doch: von wem?
Das Jobcenter muss eine ganz besondere und geheime Ausgabe des SGB II haben, denn anders ist diese, den offiziellen rechtlichen Grundlagen vollkommen widersprechende, Aussage nicht zu erklären. Hilfebedürftige müssen diese Kosten aus ihrer Regelleistung zahlen. Ob sie sie erstattet bekommen, ist unbekannt. Wann die erforderlichen Verwaltungsstrukturen geschaffen werden, ist ebenfalls vollkommen unbekannt.
Der Mehraufwand für die schulische Mittagessenversorgung kann von diesem Jobcenter derzeit weder bei der, hier in und von den Schulen durchgeführten, Essengeldkassierungen mindernd berücksichtigt werden, noch zahlt es die für die Monate Januar, Februar und März 2011 dafür jeweils in Höhe von 26 Euro pro Monat an die Antragsteller zu erstattende Mehraufwandspauschale aus.
Vom Jobcenter wird dies wieder mit den fehlenden dafür erforderlichen Verwaltungsstrukturen begründet. Wann der aktuelle Mehraufwand berücksichtigt und der zurückliegende erstattet wird, ist derzeit unbekannt. (Lt. neuesten Informationen soll das Schulverwaltungsamt nunmehr vom Jobcenter damit beauftragt worden sein, in Eigenregie Anträge ausgeben, zu bearbeiten und zu bescheiden. Auf welcher Rechtsgrundlage von diesem dann Verwaltungsakte zum SGB II erlassen werden, ist uns unbekannt, das SGB II beinhaltet derzeit jedenfalls keine, denn das Schulverwaltungsamt gehört zum Landratsamt, einer eigenständigen Behörde, welche für das SGB II rechtlich gar nicht zuständig und demzufolge nicht befugt ist, Verwaltungsakte zu Leistungen des SGB II zu erlassen. Dies darf nur das Jobcenter, welches hier als Körperschaft des öffentlichen Rechts der für das SGB II zuständige Leistungsträger ist. Vielleicht sollten die Verantwortlichen das noch mal in Ruhe überdenken.)
So ähnlich sieht es in den meisten Jobcenter in Deutschland aus. Die Hilfebedürftigen, die seit Monaten auf die ihnen zustehenden Leistungen warten, müssen weiter darauf warten – mit unbekanntem Ergebnis und auf unbestimmte Zeit. Hier von einer ungeheuren Schlamperei zu reden, ist noch geschmeichelt.
Das Chaos perfekt machen einige Schulen, die sich weigern, den Eltern die Kosten für Schulausflüge und mehrtägige Klassenfahrten zu bescheinigen, weil sie dafür von den Eltern amtliche Formulare verlangen. Formulare, welche die Jobcenter nicht haben. Formulare, die es derzeit nicht gibt. Angeblich wurden die Schulen dazu durch die Schulverwaltungsämter angewiesen. So sind die Betroffenen nicht mal in der Lage, entsprechende Anträge zu stellen, da ihnen die dazu erforderlichen und von den Schulen zu erbringenden Nachweise fehlen. In diesem Zusammenhang von Beamtenzirkus oder -theater zu schreiben, dürfte durchaus angemessen sein.
Als kleine Information:
Schulverwaltungsamt = Kommune,
Kommune = Erbringer der Leistungen für Bildung und Teilhabe, welche aus dem kommunalen Steuersäckel zu zahlen sind. Ein Schelm, wer hier nichts ARGEs denkt.
Dieses Chaos ließe sich mit etwas gutem Willen und logischem Sachverstand schnell und problemlos beheben – wenn man denn nur wollte. Nur kann man sich angesichts dieser hausgemachten und sich jeglicher logischen Erklärung entziehenden Probleme des Eindruckes nicht erwehren, dass hier mit Absicht gemauert und gegammelt wird und man es so lange wie nur möglich bei diesem Chaos belassen möchte.
Je länger die Kommunen als Teil des Jobcenter die Errichtung der erforderlichen Verwaltungsstrukturen hinauszögern, umso mehr Geld können sie damit sparen, weil es vielfach aufgrund mangelnder, fehlerhafter oder gar gezielter Desinformation (O-Ton: das Jobcenter sei nicht für die Leistungen nach § 28 SGB II zuständig) gar nicht erst zu Antragstellungen kommt. (12.04.2011, sb, gegen-hartz.de)