Den Lebensunterhalt sichert von 2012 an nur noch das Pfändungsschutzkonto – doch das ist bis zu 80 Prozent teurer. Grundsätzliche Informationen zum P-Konto: hier weiterlesen
… oder auch in folgenden Sprachen:
türkisch | arabisch | englisch | französisch | italienisch | spanisch | russisch
Hamburg. Die Verbraucherschützer schlagen Alarm: Wer mit Pfändungen konfrontiert ist, kann im neuen Jahr nicht mehr über sein Geld für den Lebensunterhalt verfügen, wenn er jetzt nicht handelt.
Denn spätestens zum 1. Januar 2012 benötigen die Betroffenen ein Pfändungsschutzkonto, kurz P-Konto genannt. Jedes Girokonto kann in ein solches P-Konto umgewandelt werden. “Auf diesem Konto ist dann ein Guthaben von 1028,89 Euro im Monat automatisch vor Pfändung geschützt”, sagt Hjördis Christiansen von der Verbraucherzentrale Hamburg. Auch höhere Beträge können auf Antrag geschützt werden, wenn zum Beispiel Kinder mit im Haushalt des Gepfändeten leben. Bei zwei Kindern sind das mit weiteren Freibeträgen und Kindergeld immerhin zusammen knapp 2000 Euro. Doch all das geht nur mit dem neuen P-Konto.
Denn andere Möglichkeiten des Kontoschutzes fallen weg. “Durch Beantragung des Vollstreckungsschutzes konnten bisher auch auf dem normalen Girokonto bestimmte Beträge vor Pfändung geschützt werden”, sagt Christiansen. Diese Möglichkeit fällt ab dem Jahreswechsel weg. Gläubiger haben dann wieder sofortigen Zugriff auf normale Konten. Derzeit werden auch etwa Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld II oder Kindergeld in den ersten 14 Tagen nach Eingang von den Banken komplett an die Kontoinhaber ausgezahlt und nicht an Gläubiger. Auch diese Möglichkeit fällt künftig weg.
Das P-Konto wurde im Sommer dieses Jahres vom Gesetzgeber auf den Weg gebracht. Anders als bisher wird es einen automatischen Pfändungsschutz bieten. Denn eine Pfändung kann schneller kommen, als man denkt. Rechnung nicht bezahlt, Mahnung ignoriert und auch auf den Mahnbescheid vom Gericht nicht reagiert – dann hat der Gläubiger schnell Zugriff auf das Konto. Jeden Monat werden in Deutschland 350 000 Konten gepfändet. “Es dauert dann Wochen, bis man seine Freibeträge gerichtlich durchgesetzt hat”, sagt Christiansen. Doch in dieser Zeit können Ausgaben wie Miete und Strom nicht bezahlt werden. “Die Betroffenen geraten so in einen Teufelskreis”, sagt die Verbraucherschützerin. Allerdings sollte ein P-Konto nur beantragt werden, wenn bereits eine Pfändung läuft oder droht. Denn ein solches Konto wird auch der Schufa gemeldet. Außerdem drohen bei manchen Instituten Leistungseinschränkungen wie der Entzug der EC-Karte. Wer über ein Gemeinschaftskonto verfügt, muss es erst in ein Einzelkonto umwandeln. Denn nur solche sind P-Konto tauglich.
Nach Angaben der Schufa gibt es in Deutschland erst 250 000 P-Konten. “Damit haben erst acht Prozent der überschuldeten Haushalte ein P-Konto”, sagt Michael Knobloch vom Institut für Finanzdienstleistungen. Deshalb ist mit einem deutlichen Anstieg dieser Konten zu rechnen. Die Banken sind verpflichtet, auf Antrag kostenlos das bestehende Girokonto in ein P-Konto umzuwandeln. “Das löst allerdings nicht alle Probleme, denn 17 Prozent der überschuldeten Personen haben kein Girokonto”, sagt Knobloch. Das sei noch immer ein großes Problem.
“Als Bank für alle Hamburger bieten wir sowohl Neu- als auch Bestandskunden das Pfändungsschutzkonto an”, sagt André Grunert von der Haspa. Verbraucherschützer kritisieren vor allem die mangelnde Information durch Banken und die höheren Kosten eines P-Kontos. “Ein kleiner Hinweis auf dem Kontoauszug reicht nicht aus”, sagt Christiansen. Doch viele Institute wie Commerzbank, Deutsche Bank oder die Sparkasse Harburg-Buxtehude heben hervor, dass sie betroffene Kunden direkt anschreiben. Bei den meisten Banken ist das P-Konto auch nicht teurer als ein normales Girokonto, wie die Abendblatt-Umfrage zeigt. Vier von 13 Instituten verlangen einen höheren Preis und begründen das mit mehr Aufwand. Den höchsten Aufschlag mit 80 Prozent verlangt die Deutsche Bank. Den höchsten Preis kassiert die Comdirect Bank mit knapp elf Euro. Da es sich um eine Direktbank handelt und auch noch die EC-Karte eingezogen wird, ist das in der Praxis ein völlig untaugliches Kontomodell. Um an Bargeld zu kommen, müssen die Kunden dann eine Filiale der Commerzbank aufsuchen. (26.10.2011, Uhr Steffen Preißler, Hamburger Abendblatt)