Hinzuverdienst bei Hartz IV – Ein Trostpflaster im Wert von 20 Euro

Berlin (RPO). Hartz-IV-Empfänger dürfen mehr hinzuverdienen – für viele Betroffene klingt dies nach der umstrittenen Regelsatz-Entscheidung erst einmal positiv. Doch die neue Regelung hat einen Haken. Denn nur wenige profitieren von ihr. Von der scheinbaren Besserstellung von Arbeitslosen bleibt so nicht viel mehr übrig als ein Trostpflaster.

Fünf Euro mehr soll es nach der Regelsatz-Entscheidung für Hartz-IV-Empfänger geben. Eine Entscheidung des Arbeitsministeriums, das bei Sozialverbänden und Gewerkschaften große Kritik auslöste. Da erscheint es nun wie eine großzügige Geste der Regierung, dass die Betroffenen jetzt mehr von ihrem Hinzuverdienst behalten dürfen.

Doch die Rechnung geht nicht auf. Denn nach der vorgesehenen Regelung profitieren von der Regelung nur diejenigen, die mehr als 800 Euro brutto im Monat dazu verdienen – und weniger als 1000 Euro. Das sind aber die wenigsten. Von rund 1,4 Millionen Hartz-IV-Empfängern, die einer Beschäftigung nachgehen, bezieht etwa die Hälfte weniger als 400 Euro im Monat, etwas mehr als 230.000 verdienen bis zu 800 Euro.

Maximal 20 Euro pro Monat mehr

Bisher wurden die Zuverdienste in drei Stufen mit dem Arbeitslosengeld II verrechnet. Die ersten 100 Euro galten als Freibetrag und konnten komplett behalten werden. Verdiente man bis zu 800 Euro, wurde dieses Einkommen zu 80 Prozent vom Arbeitslosengeld II (ALG II) abgezogen. Wer mehr verdiente, musste sogar mit Abzügen von 90 Prozent leben.

Einen wirklichen Anreiz, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen, bot diese Regelung nicht. Denn manch einer mag sich gedacht haben: Wieso soll ich arbeiten, wenn mir eh alles von meinem ALG II abgezogen wird? Und so setzen viele ihre Hoffnung auf die angekündigte Reform der Hinzuverdienstgrenzen.

Nun also ändert sich Folgendes: Diejenigen, die zwischen 800 und 1000 Euro verdienen, wird statt bisher 90 nun nur noch 80 Prozent auf das ALG II angerechnet. Ihnen bleiben damit maximal 20 Euro mehr im Monat. Wer mehr als 1000 Euro verdient, ist dagegen weiterhin von der 90 Prozent-Regelung betroffen. Der Freibetrag von 100 Euro bleibt insgesamt bestehen.

Die meisten in Mini-Jobs

Im Endeffekt bleiben dem Hartz-IV-Empfänger, der bis 800 Euro dazu verdient, maximal 240 Euro. Bedenkt man, dass die Mehrzahl der arbeitenden Empfänger schon jetzt in den Mini-Jobs (also unter 400 Euro) steckt, scheint kaum vorstellbar, dass diese Regelung tatsächlich einen Anreiz gibt, mehr zu verdienen. Denn dann müssten die Verdienste gleich schlagartig höher sein – nämlich mindestens 800 und maximal 1000 Euro.

Dass die Änderung der Hinzuverdienstgrenzen vor allem auf die Aufstocker abzielt, um einen Anreiz zu geben, vollbeschäftigt zu arbeiten, scheint dabei durchaus löblich. Denn in einigen Branchen verdienen die Menschen so wenig, dass ihr Gehalt allein nicht ausreicht, um zu überleben. Und so gibt ihnen die Aufstockung mit Hartz IV die Möglichkeit, weiter zu arbeiten und mehr Geld zu bekommen statt ganz in Hartz IV abzugleiten.

Doch es sind eben gerade einmal 308.600 Hartz-IV-Empfänger, die mehr als 800 Euro verdienen. Dementsprechend dürften die meisten Aufstocker von der Nachricht mehr als enttäuscht sein. Ob das der ohnehin laut den Umfragen nicht mehr äußerst beliebten Regierung nutzt, mag daher bezweifelt werden. Nach CSU-Angaben wird die Regelung die Regierung übrigens rund 200 Millionen Euro kosten.( RP Online, von DANA SCHÜLBE, 08.10.2010 )

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